17. Oktober 2017

Taizé Gebet und die Sehnsucht nach der Einfachheit des Lebens

Zutiefst im Menschen liegt die Erwartung einer Gegenwart, das stille Verlangen nach Gemeinschaft. Vergessen wir es nie: Das schlichte Verlangen nach Gott ist schon der Anfang des Glaubens.
Fère Roger

Es ist ein sonniger und warmer Samstag. Die Innenstadt von Görlitz ist gut mit Passanten gefüllt. Der eine genießt ein Sonnenband auf dem Postplatz, der andere das Schlendern durch die Läden. Von Weitem hört man schon Musik und Ansagen, die aus Lautsprechern ertönen. Auf dem Marienplatz sammeln sich Menschen um Informationsstände und Kinder spielen und tanzen bei ihren Angeboten: Es wird die Aktionswoche der Seelischen Gesundheit in Görlitz begangen. Eine Woche lang waren die Görlitzer und aus der Umgebung zu vielfältigen Angeboten eingeladen, sich über das Thema der seelischen Gesundheit zu informieren und sich darüber aufklären zu lassen. Die Veranstaltungen waren daran ausgerichtet, sowohl Berührungsängste bei einer seelischen Erkrankung abzubauen als auch die positiven Auswirkungen einer gesunden Seele aufzuzeigen. Letzteres konnte man durch die bunten Angebote auch spüren.

Etwas abgelegen, aber dennoch in Sichtweite vom Marienplatz entfernt, steht die evangelische Frauenkirche. Von dem bunten und lauten Programm auf dem Marienplatz bietet die Frauenkirche fast ein Kontrastprogramm. Der Altarraum der Kirche ist mit Kerzen und mit roten und gelben Tüchern ausgeschmückt. Aufgrund des strahlenden Sonnenscheins fallen die Kerzen nicht auf. In der Mitte der Kerzen und Tücher ist das bekannte Kreuz von Taizé aufgestellt. Die Kenner wissen sofort, welches Angebot in der Frauenkirche geboten wird: das Gebet von Taizé. Ein Gebet, das besonders durch seine spirituellen und mediativen Gesänge berühmt und beliebt wurde.

Adoramus te O Christe – Christus, wir beten dich an wird von den Musikern angestimmt und der Chor setzt leise ein. Die Taizé-Gesänge zeichnen sich dadurch aus, dass sie oftmals wiederholt werden und weil sie aus wenigen Wörtern bestehen, taucht man allmählich in die Atmosphäre des Gebetes ein. Mit Gesängen beten – das ist der Gedanke bei einem Taizé-Gebet, zu dem die Krankenhausseelsorger von Görlitz im Rahmen der Aktionswoche für Seelische Gesundheit eingeladen haben. Von katholischer Seite sind das die Krankenhausseelsorger Manuel Henning (Städtisches Klinikum Görlitz) und Diakon Bernd Schmuck (Malteser-Krankenhaus St. Carolus). Von der evangelischen Seite Pfarrer Albrecht Naumann (Städtisches Klinikum Görlitz).

„Das Taizé-Gebet ist ein Raum, wo ich sein kann, wie ich will. Alle sind dazu eingeladen und niemand wird dabei ausgeschlossen.“ erklärt der Krankenhausseelsorger Diakon Bernd Schmuck. „Die Musik ist eine Brücke und die Stille ein Gebet“ so Schmuck. Das spürt Manuel Henning jeden Donnerstag um 19.00 Uhr, wenn er oder sein evangelischer Kollege das Taizé-Gebet in der Kapelle des Städtischen Klinikums anbietet. „Die Krankheit ist eine ungewollte Unterbrechung vom Alltag und ein Einschnitt im Alltag. Das Taizé-Gebet kann eine Einladung sein, diese Unterbrechung besser zu verarbeiten“ so Manuel Henning.

Wie das Taizé-Gebet an sich, so ist auch die Seelsorge am Krankenbett aufgebaut, nämlich zeitlich ungebunden. Oder wie Manuel Henning es ausdrückt: „Die größte Ressource die wir einem Kranken mitbringen ist die Zeit.“ Denn was den Ärzten und dem Pflegepersonal nicht vergönnt ist, ist es den Krankenhausseelsorgern. „Ich habe für Sie Zeit“ – ein Satz, der im Krankenhaus kaum zu hören ist, aber gerade für einen Kranken gut tut – auch der Seele. „Nach dem christlichen Menschenbild gehören Körper und Geist zusammen, man kann sie voneinander nicht trennen“ gibt Bernd Schmuck zu erklären. Und so erklärt sich auch, dass die Krankenhausseelsorger im Rahmen der Aktionswoche für die Seelische Gesundheit ein Taizè-Gebet anbieten: „Die Seele sehnt sich nach der Einfachheit des Lebens. Nach dem gesundheitlichen Einschnitt, nach der Trauer die dabei erfahren wird, ist das Taizé-Gebet ein Angebot zum da sein. Es gibt keine Voraussetzungen, die dabei erfüllt werden müssen. Einfach nur da sein.“ so der Krankenhausseelsorger Manuel Henning.

An diesem Samstagnachmittag nahmen rund 30 Personen am Taizé-Gebet teil, die für ihre Seele und ihren Körper einfach nur da sein wollten. Und es mag auch schon ein Sinnbild sein: während in der Frauenkirche stille Taizé-Gesänge erklingen, dröhnen vom Marienplatz die lauten Bässe der Musikanlage – innere Ruhe in einer bewegten Welt!

Das Taizé-Gebet findet jeden Donnerstag in der Krankenhauskapelle des Städtischen Klinikums um 19.00 Uhr statt.

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