Gäste aus Kirche, Politik und Gesellschaft sind am heutigen Vormittag der Einladung von Bischof Wolfgang Ipolt zu seinem Neujahrsempfang in das Görlitzer St. Otto-Stift gefolgt. Generalvikar Dr. Alfred Hoffmann begrüßt die Gäste nach dem Vivace aus der Triosonate in F-dur von Georg Philipp Telemann. Gespielt wird es von Angela Ladewig (Flöte), Ellen Letzel (Fagott) und Diözesankirchenmusikdirektor Thomas Seyda (Cembalo), die den Empfang musikalisch gestalten. Der Generalvikar leitet in seiner Ansprache auf das Thema hin. Er sagt unter anderem: „Flüchtling ist das Wort des Jahres 2015. Es ist sensibel gewählt, weil es keine Wertungen vornimmt, sondern auf Menschen in einer konkreten Notsituation hinweist. Dementgegen stehen die vielen verbalen Entgleisungen, die Menschen gegeneinander aufhetzen, zur Eskalation führen. Dazu gehören das Wort „Pack“ für Pegida-Demonstranten ebenso wie das Unwort des Jahres 2015 „Gutmensch“. Wie wohltuend dagegen klingen die Worte unseres Nationaldichters Johann-Wolfgang von Goethe: „Edel sei der Mensch, hilfreich und gut.“ Das Unwort des Jahres, so stellte die Jury fest, diffamiert „Toleranz und Hilfsbereitschaft pauschal als naiv, dumm und weltfremd“. Das tut weh. Doch es verhindert nicht das Tun des Guten, die christliche Nächstenliebe, dort wo es nötig ist. „Fremde beherbergen“ gehört zu den Werken der Barmherzigkeit, zu denen das Evangelium aufruft.“
Nach einem weiteren Musikstück folgen im Programm Grußworte. Dompropst Hubertus Zomack beginnt. Er ist dankbar, dass die Außensanierung der Kathedrale St. Jakobus, die unter seiner Leitung steht, vollendet ist: „,Factum! Deo gratias!“ „Geschafft! Gott sei Dank!‘ das war und ist jedes Mal mein Empfinden wenn ich derzeit hier ins Ottostift komme und aus dem Fenster im Zimmer des Domkapitels auf St. Jakobus blicke“, sagt er und weist auf die an diesem Tag – in Grautöne gehüllte Kathedrale – ebenso hin, wie – inzwischen traditionell – auf die Chinesischen Tierkreiszeichen: „Helfen und Teilen ist nicht das Markenzeichen des Tieres, das ab dem 8. Februar dem chinesischen Jahr bis zum 28. Januar 2017 seinen Namen gibt: dem Feuer-Affen.“ Der vollständige Wortlaut seiner Rede ist hier.
Generalsuperintendent Martin Herche geht ein auf die „Ereignisse der Silvesternacht, das Selbstmordattentat in Istanbul, die Anschläge in Indonesien, die Bilder hungernder Menschen in der syrischen Stadt Madaja, zerschlagene Verwüstungen in Leipzig-Connewitz und heute Morgen die zerstörte Scheibe an der Biesnitzer Straßenbahnhaltestelle, verletzte Polizisten in Potsdam, Hinrichtungen in Saudi-Arabien, der angebliche Wasserstoffbombentest in Nordkorea zeigen, wie verrückt und gefährdet das Leben geworden ist“ Sein Auf-Ruf lautet: „Also nutzen wir unsere Zeit, um Gutes zu tun. Sie, liebe Schwestern und Brüder geben uns mit dem in Ihrer Kirche ausgerufenen Jahr der Barmherzigkeit dazu einen wichtigen Impuls. Vielen Dank dafür!“. Hier das vollständige Grußwort von Generalsuperintendent Martin Herche. Aus dem östlichen Teil der Europastadt, aus Zgorzelec wünschte Dekan Maciej Wesolowski dem Bischof und Bistum auf Deutsch ein gesegnetes, gutes Jahr 2016. Barmherzigkeit sein, so der Dekan etwas, „das wir von Gott bekommen und an die Menschen weiterzugeben sollen. Es ist unsere Aufgabe die Traurigen zu trösten, die Kranken zu besuchen, den Hungrigen Speise geben, beten für die Lebenden und die Toten. Wir erinnern uns, dass wir am Ende der Welt über die Liebe gerichtet werden“, sagte Dekan Wesolowski.
Bundestagsabgeordneter Michael Kretschmer, Generalsekretär der Sächsischen Union und Stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Bundestagsfraktion von CDU/CSU spricht bei der Kathedral-Sanierung von einem „kleinen Wunder“. Wichtig für ihn ist, dass „wir hier katholische Christen haben, die sich für diese Stadt engagieren“. Kretschmer lobt das Engagement im „Cari-fé“, einer Einrichtung der Caritas mitten in Görlitz. „Beeindruckend, was die Frauen dort leisten. Dieses Angebot ist an dieser Stelle ganz wichtig für unsere Stadt“, sagt Kretschmer. Hinsichtlich der Flüchtlinge spricht er davon, dass es einen „Werte-Kompass“ geben müsse und „wer sich nicht an unsere Gesetze hält, hat hier nichts zu suchen. Es ist Zeit aufzuräumen, um unsere Werte durchzusetzen“. Er spricht von einem Europa „das derzeit nicht funktioniert“ und es gelte „es nicht wegzuwerfen, sondern zu reparieren“. Er mahnt in der Flüchtlingsfrage eine Europäische Lösung an. „Es müssen die Flucht-Ursachen bekämpft werden“ und es dürfe „nicht gegen Flüchtlinge gekämpft werden“. Bernd Lang, der Landrat des Landkreises Görlitz, dankt der „Katholischen Kirche. Das Bistum Görlitz hat uns unterstützt in der Unterbringung und Begleitung von Flüchtlingen und geholfen Integration voranzubringen“, sagt Lange. Im Bereich der Kinderbetreuung im Lankreis sollen junge Familien begleitet, die Wertevermittlung verstärkt, Werte herausgestellt werden. Bisher habe man den Zusammenhalt in den Familien noch nicht geschafft. Dies umzusetzen, dafür plädiert der Landrat besonders und sieht die Kirchen an seiner Seite. „Der Zusammenhalt in Familien ist mehr als Unterbringung in Kindertagesstätten, Berufsausbildung… Familie hält die Gesellschaft zusammen!“, sagt Lange. Dazu bedürfe es „Eigenverantwortung, Zusammenstehen und miteinander reden, nicht zuletzt gehört Nächstenliebe dazu“, sagt er. Oberbürgermeister Siegfried Deinege spricht von 60 Millionen Menschen, die derzeit auf der Flucht seien. Er beklagt, dass „die Bürgerliche Mitte bisher zu still ist. Ich danke für die Friedensgebete der Kirchen, ich danke für den Flüchtlingsfond, den das Bistum aufgelegt hat“, sagte der OB.
Für Hartmut Schirmer ist der Neujahrsempfang in diesem Jahr sein erster als Vorsitzender des Diözesanrates. In seinem Grußwort nennt er zunächst den 100. Deutschen Katholikentag in Leipzig in diesem Jahr als einen „besonderen für uns. Gemessen an sonstigen Entfernungen findet er ja sozusagen vor unserer Haustür statt und bietet auch für einen Kurzbesuch zahlreiche Möglichkeiten. Gleichzeitig sind wir nicht nur Besucher, sondern auch Gastgeber, denn Leipzig steht, von wenigen Ausnahmen abgesehen, stellvertretend für unsere Diasporasituation im Osten Deutschlands. Wir können Gastgeber sein für eine Region, in der mehr als 80 Prozent der Menschen nicht getauft sind und der Anteil der Katholiken eher bei drei bis fünf Prozent liegt. Nicht getauft heißt aber nicht Gott-los, wie manchmal gern gesagt wird. Gottlos ist niemand von uns, nur nicht jeder hat ihn schon gefunden. Und hier liegt eine Riesenchance auch in diesem Katholikentag. Marktstrategen würden von einem Riesenpotenzial sprechen“, sagt Schirmer. Hier ist sein Grußwort im Wortlaut.
Bischof Ipolt hat für den Neujahrsempfang das Thema „Mut zur Barmherzigkeit“ gewählt. In seiner Ansprache hat er eine Malerei aus dem 6. Jahrhundert (Codex von Rossano) an die Leinwand projezieren lassen. Auf dem Bild ist Christus als der Barmherzige Samariter dargestellt. Die vollständige Ansprache ist hier.
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