Auf Einladung des Görlitzer Domkapitels weilte das Breslauer Metropolitankapitel am 16. und 17. Juni in der Europastadt. Die Mitglieder beider Kapitel trafen sich zunächst am Samstagnachmittag auf der Brücke Papst Johannes Paul II. (Stadtbrücke) zu einem Fototermin. Von dort ging es zur Kathedrale St. Jakobus, wo um 18 Uhr eine Pontifikalvesper mit Bischof Wolfgang Ipolt gefeiert wurde.
Am Sonntagvormittag zelebriert der Breslauer Dompropst und Weihbischof Prof. Dr. Andrzej Siemieniewski in der Kathedrale St. Jakobus ein Pontifikalamt. Die Predigt hielt der Görlitzer Dompropst Dr. Alfred Hoffmann. Darin erinnerte er, dass „fast genau vor 120 Jahren am 6. Juni 1898 der Grundstein dieser Kirche gelegt wurde, der heutigen Kathedrale St. Jakobus. Dies war möglich durch die Hilfe der Katholiken des Erzbistums Breslau, die für die kleine Zahl der Katholiken in Görlitz ein großes Herz hatten. Dafür sind wir bis heute sehr dankbar.”
Das trifft auch für den Brief der polnischen Bischöfe an die deutschen Amtsbrüder am Ende des ZweitenVatikanischen Konzils im Jahr 1965 zu: Dompropst Dr. Hoffmann sagte: „Wir denken mit tiefer Dankbarkeit an diesen großartigen Brief. Dort haben die Bischöfe Herz und Hand zur Versöhnung zwischen beiden Völkern geöffnet. Im Zentrum dieses Briefes stehen die Worte: ,Wir gewähren Vergebung, und wir bitten um Vergebung.‘ Der Brief der polnischen Bischöfe war ein kostbarer Beitrag zur Versöhnung. Er war ein Vorbild für den Prozess des Zusammenwachsens Europas, für die Einheit Europas. Europa braucht besonders heute diese christliche Kraft, die Menschen und Völker miteinander verbindet. Der christliche Glaube ist eine unersetzliche Brücke zwischen den Völkern. Er kennt keine Grenzen, sondern er überwindet Grenzen“, sagte Dr. Hoffmann.
Der Breslauer Dompropst hob zwei Erlebnisse hervor, die für ihn sehr einprägsam waren. Nach dem Zweiten Weltkrieg besuchte er mehrmals seinen Großvater in Zgorzelec und sagte dazu: „Damals sah die Grenze mit Stacheldraht, von Soldaten bewacht. Gestern dagegen habe ich mit Freude auf der Stadtbrücke Papst Johannes-Paul II. mit Bischof Ipolt und den beiden Domkapiteln gestanden – und nun trennt uns die Grenze nicht mehr, sondern sie verbindet Görlitz und Zgorzelec als Friedensbrücke.“
Dompropst Dr. Hoffmann sagt zu diesem Treffen: „Mit dieser Begegnung haben wir deutlich gemacht, dass wir unsere historischen Wurzeln nicht vergessen und diese fruchtbar machen wollen. Wir setzen uns ein für ein lebendiges Miteinander von Polen und Deutschen auf dem Fundament christlicher Werte, die nicht trennen, sondern Menschen aller Nationen verbinden. So wollen wir auch die Einheit Europas stärken, hier, wo durch die Katastrophe des Zweiten Weltkriegs Europa geteilt worden ist.“
Beide Domkapitel sind sich einig, dass diesem Besuch weitere Begegnungen folgen sollen. Eine gute Beziehung müsse auch zukünftig durch persönliche Begegnungen gepflegt werden.
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