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Immer dichter werden die Wolkengebilde, die am vorigen Sonntag, dem Wallfahrtssonntag, über Neuzelle hängen. Die Stände von Vereinen und Verbänden im Bistum sind vor dem Wallfahrtshochamt aufgebaut worden. Der Übertragungswagen von Radio Horeb ist sendebereit; die Technik steht geschützt in einem Seitenraum der Stiftskirche. Beim Einzug halten die Wolken noch an sich, ballen sich während in der Stiftskirche der Gottesdienst gefeiert wird weiterhin zusammen, um kurz danach und bis zur Abschlussandacht alles herzugeben, was Wochen zuvor an Wasser fehlte.
In der Stiftskirche bekommt das zu diesem Zeitpunkt kaum einer der etwa 1600 Wallfahrer mit: Diözesankirchenmusikdirektor Thomas Seyda ließ die Orgel brausen, dirigierte den Kinder- und Jugendchor aus Görlitz von der Orgelbank aus. Bischof Wolfgang Ipolt begrüßte neben den Wallfahrern den Gast aus dem Erzbistum Köln: Weihbischof Dr. Dominikus Schwaderlapp. Er folgte als Gast seinem früheren Chef, Kardinal Joachim Meisner, der bei der Bistumswallfahrt im vorigen Jahr in Neuzelle zugegen war.
Züge und Sonderbusse brachten, neben Privatfahrzeugen, die Wallfahrer nach Neuzelle. Einige Wallfahrer waren bis aus dem Süden des Bistums, aus Görlitz, die fast 150 Kilometer, mit dem Fahrrad gekommen. Dazu braucht es Kondition und Gesundheit. Der Bischof spricht in seiner Predigt von Krankheiten, nimmt dazu das Evangelium von der Heilung des Taubstummen zum Anlass, „um es bei unserer Wallfahrt einmal auf die Kirche und die ,Krankheiten‘ zu übertragen, an denen wir Christen mehr oder weniger leiden. Es ist da wie auch sonst im normalen Leben: Manche Krankheiten haben wir vielleicht noch gar nicht bemerkt. Sie haben eine lange ,Inkubationszeit‘. Andere machen uns mehr zu schaffen und behindern uns schon jetzt. Ich hoffe, Sie verstehen mich recht: Ich meine hier keine körperlichen Krankheiten, sondern es sind eher geistliche Schwächen, es sind Lähmungen, die uns das Christsein schwer machen, es sind Ermüdungserscheinungen, die unser Glaubenszeugnis abschwächen und lustlos erscheinen lassen“, sagt Bischof Ipolt. Seine Therapievorschläge, den vollen Wortlaut der Predigt lesen Sie hier.
Unter einem Meer von Regenschirmen lassen sich die Wallfahrer die gute Stimmung nicht verderben, als sie auf dem Stiftsplatz die Stände besuchen. Hartmut Schirmer, der Diözesanratsvorsitzende, verteilt einen Urlaubsplaner, einen Kalender 2016, auf dem auf den Katholikentag im nächsten Jahr in Leipzig hingewiesen wird. Der Planer steht unter der Überschrift: „Er ist hier, wie wir.“ An diesem Stand erhalten die Leser des TAG DES HERRN, die vier Abschnitte einer Serie von Beiträgen über Bücher des St. Benno-Verlages Leipzig gesammelt haben, Abreißkalender des Verlages. Damit im Zusmmenhang steht eine Verlosung der vier Bücher, um die es in der Serie geht. Die Verlosung wird um einige Minuten verschoben. Der Bistumsredakteur geht mit einem Megafon über das Gelände, gibt Zeit und Ort bekannt. Der bekannte Stand des TAG DES HERRN konnte des starken Windes wegen nicht aufgebaut werden. Eine dichte Menschentraube versammelt sich um den Stand, als Alexandra Wolff, die Bistumsredakteurin für das Erzbistum Berlin, die Verlosung startet. Ein Junge zieht aus den fast 100 Karten die jeweiligen Gewinner. Zwischendurch schiebt ein Diözesanratsmitglied mit einer Pappe das Wasser von den Tischen. Der Wind hat es unter das Dach gedrückt. Andere helfen die Bücher trocken zu halten. Ähnliche Probleme haben die Standbetreuer von Caritas, BDKJ, KAB und anderer Vereine und Verbände.
Trocken ist es in der evangelischen Kirche. Dort haben Benjamin Sawicki und vier junge Damen, Instrumente und Technik aufgebaut. Nein, einen Namen für die Band haben sie noch nicht gefunden. Egal: die volle Kirche zeigt, dass ihre Musik gut ankommt bei den Wallfahrern. Dies ist auch im Refektorium der Fall. Dort kommt Weihbischof Dr. Schwaderlapp in einem ebenso vollen Saal mit seinem Vortrag zum Thema: „Ehe und Familie – Gabe und Aufgabe“ gut an, nicht nur bei Eheleuten. Er spricht von der „gottgeschenkten Würde“ des Menschen, davon dass sich Menschen nach Liebe und Glück sehnen, es die „größte Sehnsucht des Menschen ist, geliebt zu werden und Liebe zu schenken“. Der Bischof spricht von der Liebe zwischen Mann und Frau, die „exklusiv und einzigartig“ ist – und von der Ehe als Teilhabe und Zeichen der Schöpferliebe Gottes. Im Vorraum sitzen die beiden Mitarbeiter von Radio Horeb, schauen zur Uhr, überwachen die Technik, denn neben dem Wallfahrtsgottesdienst und der Andacht wird dieser Vortrag live übertragen. Zwei junge Leute kommen später zum Vortrag, wollen wohl nicht stören, gehen weiter, Angebote gibt es ausreichend.
Den Abschluss des Tages bildet die Wallfahrtsandacht, der Weihbischof Schwaderlapp vorsteht. Er predigt auch. „Heraus aus der Enge des eigenen Ich“ sollen wir gehen, der „Herr möchte uns ins Weite führen, uns dazu an die Hand nehmen“. Helfen kann uns dabei seine Mutter: „Maria zeigt uns, wie Glauben und Vertrauen“ funktioniert. Sie hört zu, denn „Glauben kommt vom Hören“. Sie betet, bittet, lobt und preist Gott. „Reden wir mit Gott, wie wir mit einem Freund reden“, rät Bischof Schwaderlapp und empfiehlt das Gebet des Rosenkranzes. Schließlich: Maria sieht die Not und handelt, so bei der Hochzeit zu Kana. Und wir sollen handlungsbereit sein. Mutter Teresa habe es so forumliert: „Sorgt dafür, dass alle, die zu euch kommen, ein klein wenig glücklicher von euch weggehen“. Dies kann wohl von den meisten Wallfahrern am Ende des Tages gesagt werden, zumal: Als die Andacht zu Ende ist, stahlt draußen die Sonne. Der Regen hat sich vorübergehend verzogen.
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