„Heidedom“ nach 62 Jahren geschlossen
In der Kapelle in Sallgast wurde zum letzten Mal Eucharistie gefeiert
Unter dieser Überschrift berichtet Norbert Wirges aus Finsterwalde in der aktuellen Ausgabe des TAG DES HERRN, vom 15. 11. 2015
Sallgast. In der Kapelle in Sallgast, „Heidedom“ genannt, wurde die letzte Eucharistie gefeiert.
Der 25. Oktober war für all jene, die es an diesem trüben Sonntagmorgen nach Sallgast an den östlichen Rand der Luise-Siedlung zog, ein denkwürdiger Tag. Ziel war die kleine katholische Kirche des Ortes. Zur gewohnten Gottesdienstzeit um 8.30 Uhr hatten sich etwa 80 Gläubige im sogenannten „Heidedom“, zum Gottesdienst versammelt. Bischof Wolfgang Ipolt war der Hauptzelebrant dieser Messfeier. Es ist die letzte heilige Messe an diesem Ort, denn diese Filialkirche der Pfarrei Finsterwalde wird profaniert. Neben den Sallgastern waren auch viele Ehemalige und Gäste aus Finsterwalde und den Nachbarpfarreien gekommen.
Dankbar auf fast 62 Jahre Geschichte zurückschauen
Der Blick geht zurück in das Jahr 1952. Am 6. Mai wurde Kaplan Günter Schoppa von Finsterwalde zum Kuratus von Sallgast ernannt, heißt es in der Chronik. Die Einführung erfolgte am 4. Juni durch Erzpriester Dr. Budek aus Calau. Von da an wurde der sonntägliche Gottesdienst zunächst in der evangelischen Kirche in Sallgast gefeiert und wochentags in der Wohnung des Seelsorgers oder in der Kirche in Bergheide. Die Gemeinde zählte zu dieser Zeit 1.200 Seelen. Bereits am 29. September 1953 konnte der Kauf einer Holzbaracke in der Größe von 10 mal 15 Metern von den Holzbauwerken in Bernsdorf O/L vereinbart werden. Die Schachtarbeiten für die Grundmauern begannen am 17. November in Eigenleistung. Ab dem 7. Dezember erfolgte das Aufstellen der Baracke durch die Zimmerleute der Firma Bauer aus Sallgast. Richtfest war am 18. Dezember. Die Bauabnahme erfolgte einen Tag vor dem Heiligen Abend 1953, an dem der erste Gottesdienst, die Christmesse, gefeiert wurde. Baulich wurde in den folgenden Jahren der Altarraum erweitert und der Turm errichtet. Im Inneren wurden der Kreuzweg, die Bänke und die zweite Sakristei ergänzt. 1969 wurde der Holzfußboden durch Terrazzo-Platten ausgetauscht. 1974 erfolgte eine Ummauerung der Baracke mit Gasbetonsteinen. Auf fast 62 Jahre Geschichte schauen die Gottesdienstbesucher dankbar zurück. Von den ehemals mehreren hundert Katholiken im Bereich Sallgast sind es derzeit noch 65. Die Zahl der regelmäßigen Gottesdienstbesucher liegt deutlich darunter. Es sind zu wenige, um diesen Gottesdienstort weiterhin erhalten zu können. Darum entschloss sich der Kirchenvorstand, den Gottesdienstort aufzugeben und die Kirche und den angrenzenden Gemeinderaum zum Verkauf anzubieten.
Bischof Ipolt begann seine Predigt an diesem Sonntag mit einer Erinnerung: „Es ist eine seltsame Fügung, am Weltmissionssonntag eine Kirche zu schließen. Das schmerzt – aber es erinnert uns einmal mehr an unseren Auftrag als Christen.“ Der Bischof wies darauf hin, dass Kirchen immer Orte der Erinnerung an Gott seien. Wenn Kirchen abgerissen würden oder verschwinden, sei das immer ein Verlust. „Dennoch hängt der Glaube nicht an einem Gebäude. Der Weltmissionssonntag erinnert insbesondere daran, dass Glaube von lebendigen Menschen weiter getragen wird. Vielleicht kommen ja in diesen Tagen mit den Flüchtlingen aus verschiedenen Ländern auch katholische Christen zu uns – ob das nicht unsere Gemeinden auch wieder reicher machen könnte?“
Feldsteine mit Handwagen für das Fundament transportiert
Weiter sagte der Bischof: „Am Weltmissionssonntag schauen wir besonders auch zu den jungen afrikanischen Kirchen. Sie sind häufig zu arm, um sich Räume für den Gottesdienst und das Gemeindeleben schaffen zu können.
Und doch gibt es bei ihnen oft sehr lebendige Gemeinden.“ Der Bischof machte schließlich deutlich, dass der heutige Tag zwar ein Abschied von dieser Kirche sei, der aber mit großer Dankbarkeit gefüllt werden darf: „Danken wir dafür, das hier in dieser Kirche gebetet und der Glaube verkündet wurde und dass wir immer wieder Stärkung erfahren haben“, sagte der Bischof. Am Ende des Gottesdienstes verlas Pfarrer Norbert Christoph das Dekret des
Bischofs zur Profanierung. Nach dem Abschiedsgebet wurden die Leuchter, die Blumen, das Altarkreuz und die Altartücher entfernt. Diese Handlungen und der Anblick des kahlen Altars weckten bei vielen Gottesdienstbesuchern Emotionen; Tränen in so manchen Augen zeugten davon. Nach dem Segen trug Pfarrer Norbert Christoph das Ziborium mit dem Allerheiligsten aus der Kirche. Viele Gottesdienstbesucher blieben nach dem letzten Gottesdienst vor dem „Heidedom“ stehen, unterhielten sich über ihre Erlebnisse an diesem Ort und das vergangene Gemeindeleben. Einige Gemeindemitglieder wollten nicht zu diesem letzten Gottesdienst kommen.
Nur wenige können heute noch vom Bau der katholischen Kirche in Sallgast berichten. Peter Wirges erinnert sich noch gut an den Aushub und die Errichtung der Fundamente. „Wir haben damals die an den Feldrändern liegenden Feldsteine mit unseren Handwagen für das Fundament zusammengetragen“. Er erinnert sich: „In den Anfangsjahren bei Pfarrer Schoppa, waren es bis zu 60 Jugendliche, die sich auf der Treppe und in den Räumen des Pfarrhauses zur Jugendstunde trafen“. Auf die Frage, nach seinem schönsten Erlebnis an diesem Ort, sagte er: „Der schönste Gottesdienst war für mich die erste Christmesse. Von den Christbäumen ging wunderschönes Licht
und herrliche Wärme aus. Die Kirche war damals übervoll, einige haben den Gottesdienst vor der offenen Eingangstüre mitfeiern müssen. Es ist einem nicht egal, wenn man die Kirche mit aufgebaut hat und sie nun geschlossen wird.“