„Glaube und die Liebe zum Nächsten gehören zusammen“, betont Bischof Wolfgang Ipolt bei der Bistumswallfahrt zur Gottesmutter in Neuzelle. Rico Kramer hat dies selbst erfahren. Er ist behindert, lebt in einer Wohngruppe des Sankt Florian Stiftes Neuzelle. Hier fand er zum Glauben, wurde von Pater Alberich unterwiesen. Schließlich empfing Rico Kramer die Taufe und ist heute Ministrant der Pfarrei Neuzelle. Rico Kramer sprach bei der Zwischenveranstaltung, die sich dem Thema Inklusion widmete. Domkapitular Ansgar Florian, der die Runde moderierte, betont dabei: „Die Bewohner des Florianstiftes prägen das Leben der Gemeinde, sie gehören dazu.“
Die Bistumswallfahrt stand in diesem Jahr unter dem Motto „Wer ist mein Nächster“. Der Leiter des Seelsorgeamtes, Ansgar Hoffmann, stellte in der Wallfahrtsstunde am frühen Nachmittag die Frage, wer denn damit gemeint sein könne? Wer ist denn dieser Nächste? Die Antworten der Wallfahrer fielen unterschiedlich aus, vom Freund, einem Nachbarn, dem Ehepartner bis hin zu denen, die gerade „meine Hilfe brauchen“. Ein Pfarrer betonte: „Mein Nächster ist immer der, der im Pfarrhaus klingelt.“
Ansgar Hoffmann erinnerte an die beliebten Wimmelbücher für Kinder. Diese gibt es zu verschiedenen Lebensbereichen, so für einen Kirchplatz oder einen Bahnhof. Das besondere daran ist die Vielzahl von Menschen und Tierdarstellungen, die in den Büchern gezeigt werden. Kinder, auch die von Ansgar Hoffmann, mögen Wimmelbücher sehr gerne. Der Seelsorgeamtsleiter schlug vor, einmal die Wallfahrt als ein solches Wimmelbild zu sehen. „Jeder, den Sie hier entdecken, ist ihr Nächster“, so Hoffmann.
Bischof Ipolt wies darauf hin, dass die Christen fest darauf vertrauen, Jesus eines Tages in die Augen schauen zu können. Dies sei auch jetzt schon möglich, indem die Gläubigen in die Augen der Hilfsbedürftigen schauen, sich ihrer annehmen. Ipolt: „Nächstenliebe ist keine Frage der Moral, sondern sie ist Christusnachfolge.“
Gäste der Wallfahrt, die immer am ersten Sonntag im September stattfindet, waren Bischof Andrzej Siemieniewski aus Liegnitz (Legnica) sowie Weihbischof Reinhard Hauke aus Erfurt. Hauke, der in der Deutschen Bischofskonferenz für die Inklusion von Menschen mit Behinderungen zuständig ist, erinnerte daran, dass die Inklusion Aufgabe aller Menschen in Kirche und Gesellschaft sei. Er sagte: „Ich frage die Pfarrer immer, wie viele Menschen mit Behinderung in ihren Gemeinden leben.“ Eine andere Frage: „Sind die Kirchen und Gemeindehäuser barrierefrei zugänglich?“ Hilfreich in der Pastoral für Menschen mit Behinderung sei die Anwendung der so genannten einfachen Sprache. Diese folgt strikten Regeln und Grundlagen, wie Hauke erklärte. Ein Lektionar in einfacher Sprache gibt es bereits, ein Hochgebet steht kurz vor der Fertigstellung.
Bischof Andrzej Siemieniewski forderte die Wallfahrer dazu auf, sich am Evangelium zu orientieren. Siemieniewski sagte zur Andacht: „Wir schauen auf Maria und die Apostel, die mit dem Heiligen Geist erfüllt, sich nicht mehr ihren Träumen hingaben, sondern die anfingen, das Evangelium zu leben und in der realen Welt zu verkünden.“