Während der 21. Sitzung der Kontaktgruppe der Polnischen und der Deutschen Bischofskonferenz vom 19. bis 21. Mai in Görlitz, besuchten die Bischöfe der Gruppe aus Deutschland und Polen am heutigen, Mittwoch-Nachmittag das Görlitzer Rathaus. Oberbürgermeister Siegfried Deinege begrüßte Kardinal Kazimierz Nycz aus Warschau, die beiden Vorsitzenden: Erzbischof Wiktor Skworc aus Katowice, und Erzbischof Dr. Ludwig Schick aus Bamberg und Bischof Jan Kopiec aus Gleiwitz. Bischof Wolfgang Ipolt begrüßte er nicht als Gast, sondern als „einen Hausherrn“. Bei vielen Terminen haben sich Deinege und Ipolt getroffen, so bei der „Drei-Königs-Aktion“, die beide Teile der Europastadt am 6. Januar vereint haben. In Polen wurde dies wahrgenommen. Von einer Sendung im Polnische Fernsehen her wurde OB Deinege von einem der polnischen Bischöfe wiedererkannt. Der OB verwies auf viele gemeinsame Aktionen zwischen Görlitz und Zgorzelec. „In zwei Tagen ist im Dom Kultury, im Kulturhaus in Zgorzelec eine gemeinsame Stadtratssitzung. Wir treffen uns auf der Papst Johannes-Paul II. Brücke und gehen gemeinsam den Weg zum Tagungsort. Darüber hinaus treffe ich mich mit meinem polnischen Kollegen, Bürgermeister Gronic, auch zu persönlichen Treffen – beim Bier. Dann reden wir Englisch miteinander“, so Siegfried Deinege.
An den Besuch im Rathaus schloss sich ein Gang durch die Görlitzer Altstadt an. Von der Peterskirche bis zum Heiligen Grab, einer über 500-Jahre alten Nachbildung der Stätten im Heiligen Land, gingen die Bischöfe entlang des Kreuzweges, der fast ein Kilometer lang ist. Im Heiligen Grab empfing Oberkonsistialrätin Margrit Kempgen die Bischöfe, zunächst zu einer Führung durch die Anlage. Danach begrüßte sie stellvertretend und im Auftrag von Generalsuperintendent Martin Herche, der wegen dringender Terminen daran gehindert war, die Gäste und die Medienvertreter.
Erzbischof Dr. Ludwig Schick sagte in dem Pressegespräch unter anderem: „Görlitz ist die Stadt, die geografisch am Engsten mit Polen verbunden ist. Sie trägt zu Recht den Namen „Europastadt“, sie hat die Gabe und Aufgabe, Deutschland und Polen, Westeuropa und Osteuropa intensiver miteinander zu verbinden. Es ist die einzige Stadt, die es sowohl in Deutschland (Görlitz) als auch in Polen (Zgorzelec) gibt. Die Bevölkerung wechselt seit dem Fall des Eisernen Vorhangs von West nach Ost und sie lebt in beiden Städten, die sich zum Teil als Stadtteile verstehen. Polen und Deutschland mit Frankreich bilden das Herz Europas. Wenn diese drei Länder in Frieden verbunden sind, darf man auf ein friedliches Europa hoffen. Die Deutsche und Polnische Bischofskonferenz pflegen seit über 20 Jahren engen Kontakt miteinander, was sich unter anderem in der deutsch-polnischen Kontaktgruppe zeigt.
Görlitz kann die guten Beziehungen zwischen Deutschland und Polen, zwischen West- und Osteuropa stärken und der Wiederherstellung von guten Beziehungen dienen, die es schon einmal gab. Diese lassen sich an historischen Figuren wie der hl. Hedwig, die von Deutschland nach Schlesien ging, der hl. Elisabeth, die von Ungarn auf die Wartburg und von dort nach Marburg zog und vielen anderen mehr, festmachen. In Görlitz wollen wir, die deutsch-polnische Kontaktgruppe, an diese alten erinnern und die heutigen guten gewachsenen Beziehungen zwischen Deutschland und Polen, Ost- und Westeuropa vertiefen. Die Kirche mit ihrer Botschaft der Versöhnung kann dabei wichtige Impulse geben.
Das diesjährige Treffen in Görlitz wird sich mit dem Briefwechsel der polnischen und deutschen Bischöfe während des Zweiten Vatikanischen Konzils vor 50 Jahren als Hauptthema beschäftigen. Dieser Briefwechsel, in dem der wichtige Satz steht: „Wir vergeben und bitten um Vergebung“, nach den schrecklichen Ereignissen der Nazizeit, des Zweiten Weltkrieges und der Vertreibungen nach 1945 gehört zu den Initialzündungen für die deutsch-polnische Versöhnung. Willy Brandt, Bundeskanzler von 1969-1974, konstatierte anlässlich des Warschauer Vertrages 1970: „Das Gespräch der Kirchen … war dem Dialog der Politiker voraus“. An diesen Briefwechsel soll mit einem gemeinsamen Gottesdienst und einer Begegnung von polnischen und deutschen Bischöfen in Tschenstochau im November dieses Jahres gedacht werden. Außerdem sind Ausstellungen und Symposien geplant. In Görlitz soll das Programm näher bestimmt und verabschiedet werden.
Weitere Tagesordnungspunkte sind die Seelsorge für polnischsprachige Katholiken, die in Deutschland leben und hierbleiben wollen, sowie die Seelsorge für die polnischsprachigen Saisonarbeiter, die in Deutschland arbeiten. Auch die Bischofssynode im Herbst 2015 in Rom über Ehe und Familie wird ein Thema sein.
Die Zusammenarbeit zwischen der Deutschen und der Polnischen Bischofskonferenz ist ein wichtiger Beitrag zur Aussöhnung und zum Frieden in Europa und zum Aufbau einer Europäischen Union der Werte, der Solidarität, der Gerechtigkeit und des Friedens“.
Im Anschluss an das Gespräch mit der Presse und einem Fototermin, bei dem die Bischöfe 50 Jahre nach dem Schreiben der Bischöfe: >Wir vergeben und bitten um Vergebung< Hand in Hand für die Fotos präsentierten und im Anschlus an den Besuch des Heiligen Grabes feierten die Bischöfe mit Priestern und Gläubigen aus beiden Teilen der Europastadt in der Kathedrale St. Jakobus Eucharistie. Bischof Ipolt sagte zur Begrüßung: „Ich freue mich, dass Sie heute Abend hierher gekommen sind, um mit Bischöfen von Deutschland und Polen gemeinsam zu beten. Ihre Anwesenheit ist ein Zeichen brüderlicher Verbundenheit zwischen unseren Völkern“ Er wandte sich mit diesen Worten an die Gläubigen, zunächst auf Deutsch, danach auf Polnisch.
Bischof Dr. Schick apelliert in seiner Predigt, sich für Gerechtigkeit, Solidarität, Hilfsbereitschaft und Liebe einzusetzen. Dazu bedarf es, das Wort Gottes zu bewahren, seine Tugenden: Glaube, der vertraut, Hoffnung, dass alles zu einem guten Ende geführt wird und Liebe, die von Gott kommt und im Reich Gottes vollendet wird. Dafür bedürfe es Klugheit und Weisheit, um gegen das Böse ankämpfen zu können: „So können wir eine gute Zukunft Europas bauen“, sagte Erzbischof Schick unter anderem.
Die Predigt im Wortlaut steht hier.
Weiteres zu diesem Treffen: Erzbistum Bamberg und Deutsche Bischofskonferenz
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