9. November 2017

Der Domkapitular als Repräsentant der Ortskirche – Bischof Wolfgang predigt zum Domkapitel

Am Mittwoch, 8. November 2017 wurde durch eine feierliche Domkapitelsvesper und der anschließenden Bischofsmesse die Kapitelsitzung des Domkapitels zum hl. Jakobus zu Görlitz eröffnet. Dazu nahmen im Chorgestühl sowohl die amtierenden als auch die emeritierten Domkapitulare platz.

Aus diesem Anlass richtete Bischof Wolfgang seine Predigt an das Domkapitel:

Liebe Mitbrüder im Domkapitel zum hl. Jakobus,
liebe Schwestern und Brüder im Herrn!

Sobald jemand vor oder in einer größeren Gemeinschaft spricht, sollte klar sein, wen er mit seiner Rede meint, wen er ansprechen und erreichen will. Sonst könnte es zu fatalen Missverständnissen kommen. Während eines Gottesdienstes in einer Kirche sind normalerweise alle gemeint, die einen Gottesdienst mitfeiern – es sei denn der Prediger wendet sich ausdrücklich an einzelne Gruppen.
Das will ich heute in dieser Messfeier einmal bewusst tun und mich an euch, liebe Mitbrüder im Domkapitel, wenden. Die Mitfeiernden, die heute hier versammelt sind, werden auf diese Weise zu Mit-Hörenden und Zeugen – und das ist nicht die unbedeutendste Aufgabe des Gottesvolkes!

Das Domkapitel ist keine Einrichtung „göttlichen Rechtes“. Das dürfte jedem einleuchten. Aber es ist ein Teil dessen, wie Kirche sich hierzulande organisiert, es ist eine Struktur, die einer Ortskirche zur Lebendigkeit verhelfen und sie unter den Menschen präsent machen soll. Das Domkapitel ist aus meiner Sicht zuerst eine Körperschaft von gläubigen Menschen, die dem Glauben der Brüder und Schwestern dient und ihn zu stärken hat.

Anlässlich des Kapitelstages habe ich heute die Messfeier für unser Bistum gewählt. Im Tagesgebet dieser Messfeier hieß es im Blick auf unsere Ortskirche: „Hilf ihr (der Kirche von Görlitz) die Gesamtheit deines Volkes würdig darzustellen und mache sie für die Welt zum Zeichen und Werkzeug der Gegenwart Christi…“
In dieser Bitte werden zwei Aufgaben genannt, die jede Ortskirche hat. Ich sehe darin auch die besondere Aufgabe eines Domkapitels zusammengefasst:

a) Die Gesamtheit des Volkes Gottes darstellen. Der Domkapitular ist berufen, von dieser Gesamtheit her zu denken, das Ganze im Blick zu behalten. Er soll mit weiterem Horizont denken, also über seinen eigenen „Kirchturm“ oder Aufgabenbereich hinaus. Darum gilt: Wo jemand aus dem Kapitel entsandt wird, wo er öffentlich auftritt, stellt er das Bistum dar. Er kommt nicht als Privatperson oder als Pfarrer, sondern seine Gegenwart steht für die Ortskirche. Er erinnert sozusagen alle Gläubigen an diese Aufgabe, Kirche zu sein – das ist immer mehr als Gemeinde (wir sind gerade dabei diesen Unterschied zwischen Kirche und Gemeinde neu zu lernen!).

b) Zeichen und Werkzeug der Gegenwart Christi sein. Es kann auch in der Kirche leicht geschehen, dass sie ein „Betrieb“ wird, der eben läuft, ein Rad, das sich dreht und manchmal kann es geschehen, dass man dabei vergisst, um wen sich alles dreht. Darum ist die Bitte dieses Gebetes nur allzu berechtigt: Wir stehen für einen anderen, wir stellen uns ihm als Werkzeug zur Verfügung. Ohne Christus – ohne seine Gegenwart – ist alles Schall und Rauch, was wir als Kirche tun. Darum ist es unverzichtbar, dass es „Zeichen“ und „Werkzeuge“ gibt, die für ihn stehen und seine Gegenwart verbürgen. Natürlich ist das die Aufgabe jedes Getauften in der Kirche. „Wer glaubt, ist nie allein“ – so hat es Papst Benedikt einmal ausgedrückt – er lebt immer in der Gegenwart Gottes. Aber das Domkapitel tut diesen Repräsentationsdienst als Gemeinschaft – darum ist ein solcher Tag wichtig, an dem ihr zusammenkommt zum Gebet und zum Gottesdienst und zu gemeinsamen Beratungen. Es erinnert damit sichtbar (auch durch eine gemeinsame Kleidung) daran, dass Kirche eine vom Herrn versammelte Gemeinschaft ist – eine Gemeinschaft, die aus seiner Gegenwart existiert. Das Wort „Kirche“ kommt vom griechischen Wort „kyriaké“ – die zum Herrn Gehörende.

Liebe Mitbrüder,
wir haben in dieser Messfeier die Bildrede vom Weinstock miteinander gehört. Kaum jemandem fällt es auf, dass Jesus hier deutlich mehrfach im Plural redet: „Bleibt in mir, dann bleibe ich in euch.“ (V. 4) Und weiter: „Getrennt von mir, könnt ihr nichts tun.“(V. 5). Das Evangelium endete: „ …dass ihr reiche Frucht bringt und meine Jünger werdet.“ Er wendet sich an alle, die ihn hören; er will mit diesen Worten die Kirche aufbauen – eine Jüngergemeinschaft stiften, die ganz in ihm bleibt und darum Frucht bringt. Ich wünsche mir, dass das „collegium consultorum“, wie das Kapitel auch genannt wird, auch immer ein „collegium discipulorum“ – eine Jüngergemeinschaft um den Herrn ist. Dass einer aus dem Zwölferkreis, der heilige Jakobus, euer Hauptpatron ist, sollte dabei Ansporn und Verpflichtung sein.
Amen.


I N F O

Zweimal im Jahr versammelt sich das Domkapitel zum hl. Jakobus zu seiner regulären Arbeitssitzung. Da das Domkapitel eine eigene  Körperschaft ist, die vom Dompropst geleitet wird, ist der Diözesanbischof bei den Sitzungen nicht anwesend. An der Arbeitssitzung nehmen nur die aktiven Domkapitulare teil. Zu diesem Treffen der Domkapitulare gehören das gemeinsame Stundengebet, die Feier der Eucharistie und der brüderliche Austausch mit dem Bischof. Zu den Gottesdiensten und zum Gespräch mit dem Bischof sind auch die bereits emeritierten Kapitulare eingeladen. Das Domkapitel zum heiligen Jakobus besteht derzeit nur aus vier aktiven Mitgliedern – zwei Kanonikate sind nicht besetzt.  Wenn sich das Kapitel im Frühjahr und im Herbst trifft, sind die Gläubigen der Stadt immer herzlich zu den Gottesdiensten eingeladen.

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