12. März 2018

Leben ist nicht nur Gelingen – Bibelkurs steht unter dem Thema „Scheitern“

 

Leben ist nicht nur Gelingen

Das Bibelwochenende in Jauernick stand unter dem Thema „Scheitern“. Den „Umgang mit Scheitern und Erfahrungen in der Bibel und heute“ beleuchtetenSeelsorgeamtsleiter Kurzweil und Franziskanerin Gabriele Jarski.

Von Raphael Schmidt    (Der Beitrag wurde in der Wochenzeitung TAG DES HERRN in der Ausgabe Nr. 10 zum 11. März 2018 veröffentlicht)

Meine derzeitige Lebenssituation ist das Scheitern. Die Ankündigung dieses Bibelkurses in der Kirchenzeitung war für mich wie geschaffen. Meine Schulfreundin hat sofort zugesagt, mit mir zu fahren, obwohl sie keiner Kirche angehört“, sagte eine Teilnehmerin des Bibelwochenendes vom 23. bis 25. Februar im St. Wenzeslaus-Stift in Jauernick. „Es wäre besser, meine Eindrücke ohne Namen zu drucken, sagt sie, die als Suchende zu diesem Kurs gekommen ist: „Was erwartet in dieser konkreten Lebenssituation, in der in meinem Leben Verrat und Scheitern passiert sind, Gott von mir?“, fragt sie. „Ich habe die Antworten in der Begegnung mit netten Menschen, geistlicher Betrachtung und Gottesdienst in Jauernick gesucht und gefunden. Scheitern ist die Chance den Glauben zu stärken und sich neu zu finden“, sagt sie.

Sintflut – ein Scheitern Gottes am Menschen?

Bevor es zu Situationen des Scheiterns kam, die in der Bibel beschrieben sind, gestaltete Seelsorgeamtsleiter Markus Kurzweil die erste Einheit zum Thema „Scheitern – Gesellschaft, Kultur, Soziologie“. Beim anschließenden Abendgebet ging es um die Sintflut und die Frage, ob diese ein Scheitern Gottes am Menschen war?

In der Heiligen Messe am Samstagmorgen wurde über den „Apostel Matthias – und die erforderliche Nachwahl aufgrund des Scheiterns Judas“ nachgedacht. Danach nahm sich die Franziskanerin von Sießen, Schwester Gabriele Jarski, den ersten Papst der Kirchengeschichte – Petrus – vor: „Petrus scheitert – nein, ich kenne ihn nicht – der Hahn kräht“. Eine Teilnehmerin aus Thüringen, die nach Jauernick kam, sagt: „Dass Petrus gescheitert ist, war mir gar nicht klar und hat mir bewusst gemacht: wenn sogar der große heilige Petrus nicht perfekt war und nicht zu Jesus gestanden hat, für mich im Alltag als Christin ist das schon schwierig. Ich bin oft im Leben gescheitert und habe, wenn ich etwas Neues angefangen hatte, Angst, dass es wieder schief geht. Der Kurs hat mir die Angst ein wenig genommen“.

In der vierten Einheit geht es um das „Scheitern Jesu“. Ordinariatsrat Kurzweil geht der Frage nach, ob angesichts der Verheißungen im Alten Testament von einem Scheitern der Mission Jesu gesprochen werden kann. Für die Zeitzeugen, die erlebten, wie ein guter Mensch, Einer, der immer für andere da war und am Ende von allen verlassen wird, auch von seinen engsten Freunden, der von einem Freund verraten wurde, der wie ein Verbrecher behandelt wird und am Kreuz endet – nicht mal sein Vater-Gott antwortet ihm – von dem kann behauptet werden: Er ist gescheitert! Aber, war damit alles, Jesu Leben, umsonst?

Zum Thema Scheitern wurde mir deutlich, dass selbst am Beispiel Jesus und Petrus Scheitern und Gelingen zusammengehören, daß aus dem Scheitern Neues erwachsen kann. Manchmal brauche ich die Hilfe eines Anderen, um das zu erkennen. Manchmal geht mir ein ,Licht auf‘. Selbst, wenn ich scheitere, brauche ich mich nicht als Versager fühlen. Vor Gott muss ich nicht perfekt und fehlerlos sein. Diesen Anspruch sollten wir auch in unserem Leben nicht an uns und an Andere haben. Ich wünsche mir, dass im richtigen Moment auch bei mir der Hahn kräht“, sagt Ursula Kaden aus Görlitz. Die Bibelkurse mit diesen beiden Referenten sind für Frau Kaden „immer ein sehr gutes, bereicherndes, erfrischendes Ereignis. Beide bringen sich mit ihrem Können, ihren Stärken und ihrer Art so ein, daß sich alles gut zusammenfügt“. Christine und Olaf Brix aus Cottbus sehen das ebenso.

Bibelarbeit ist nicht unsere tägliche Arbeit

Die Referenten „sind ein gutes Team, sie verstehen es die Kursteilnehmer einzubinden und mitzunehmen“. Zum zweiten Mal ist das Ehepaar Brix dabei: „Bibelarbeit ist nicht unsere tägliche Arbeit, daher sind diese Tage eine Möglichkeit thematisch mit der Bibel zu arbeiten, sich in Texte zu vertiefen und im Austausch darüber zu sprechen. Das geht nur punktuell.“ Das Umfeld ist ihnen dabei ebenso wichtig: „das Haus, die Gottesdienste, Essen und Trinken“. Scheitern sehen sie als „einen Faden, der sich durch die Bibel zieht“. In der Bibel entdeckten sie: „Mose, der mit den zehn Geboten in das Lager der Israeliten zurückkehrt und diese in Verehrung vor dem Goldenen Kalb antrifft; Petrus, der als Erster berufen wurde und bis zum Schluss zu Jesus halten wollte, der als einer der Ersten wusste, dass Jesus der Sohn Gottes ist und ihn dennoch drei Mal verleugnete; der auserwählt wurde, als der Fels auf dem das Fundament der christlichen Kirche entstehen sollte“. Laut Christine und Olaf Brix ist Scheitern „ein Bestandteil des Lebens. Es ist ein Umbruch, ist etwas Existenzielles – keine Kleinigkeit: Es ist damit immer ein Ende aber auch ein Anfang (Ostern – Auferstehung). Ob wir das so sehen ist abhängig wie wir seelisch und menschlich damit umgehen können, auch wie wir mit dem gescheiterten Mitmenschen umgehen. Ich darf also scheitern, darf wieder neu beginnen. Die Kraft dazu kann ich unter anderem aus der Bibel schöpfen“.

Elke Keller aus Cottbus ist, wie andere Teilnehmer des Bibelkurses besonders angetan von den „unterschiedlichen Formen, um Bibeltexte zu lesen und zu verstehen“. Neben Petrus Scheitern beeindruckten sie „wie es aussieht, wenn Menschen in der Gesellschaft scheitern: Aussteiger, Alkoholsüchtige, Abhänige, Obdachlose“. Elke Keller würde an solchen Bibelkursen „von mir aus drei Mal im Jahr“ teilnehmen.

Fotos: Christine & Olaf Brix

Scheitern ist Chance zur Neuerfindung des Selbst

Im Alltag nachdenken können die Teilnehmer beispielsweise über Thesen wie die nachfolgenden, die beim Bibelkurs eine Rolle gespielt haben: „Wer scheitert, lernt schneller; Nur wer irrt, kann verstehen; Die Krise als sich öffnendes Fenster; Scheitern festigt den Charakter; Scheitern lehrt Demut; Scheitern ist Wirklichkeitserfahrung; Scheitern ist eine Chance zur Neuerfindung des Selbst; Scheitern als Fehlleistung; Scheitern heißt nicht, ein Versager zu sein; Wagen heißt, das Wagnis des Scheiterns eingehen; Wagemut ist erlernbar.“ Würde immer alles glatt gehen im Leben, so eine weitere These, dann wäre: „Misslingen „wertvoll, das Gelingen aber gefährlich. Denn durch das ,süße Gift‘ des Gelingens und des Erfolgs gehen verloren: kluge Rücksicht, Umsicht, Vorsicht, Voraussicht. Scheitern bringt Menschen weiter. Ein bejahenswertes Leben ist nicht auf ein Gelingen festgelegt.“

Kommentar:

Immer wieder aufstehen!

Gibt es für ein Bibelwochenende kein besseres Thema als „Scheitern“? Und wer nimmt daran teil, gesteht am Ende noch eigenes Scheitern ein? Menschen, die scheitern, sind in guter Gesellschaft. Schlimmer als der erste Papst, der seinen Chef drei Mal verraten hat – und das in Folge, innerhalb kurzer Zeit – kann man kaum scheitern. Neben Petrus sind offenbar bekannte Persönlichkeiten der Geschichte gescheitert, sonst hätte beispielsweise Konrad Adenauer nicht geschrieben: „Fallen ist weder gefährlich noch eine Schande. Liegenbleiben ist beides.“

Henry Ford sagte: „Es gibt mehr Leute, die kapitulieren, als solche, die scheitern.“ Üb er 25 Jahre saß Nelson Mandela aus politischen Gründen im Gefängnis. Ein Satz von ihm lautet: „Unser größter Ruhm ist nicht, niemals zu fallen, sondern jedes Mal wieder aufzustehen.“ Scheitern formulierte Thomas Alva Edison anders: „Ich bin nicht gescheitert – ich habe 10 000 Wege entdeckt, die nicht funktioniert haben.“

Mit Blick in die Bibel sagt ein Beter: „Gott, ich vertraue dir. Dir kann ich es sagen: Ich fühle mich überfordert und habe Angst zu versagen. Du kannst mir helfen: nimm mir die Angst. Gib mir ein ruhiges Herz. Schenke mir klare Gedanken. Amen“. Gott ist einer, der nach Scheitern aufhilft, immer wieder und egal wie tief man fällt. Dies geht aus der Bibel hervor. Es ist nicht nur für Bibelkursteilnehmer tröstlich, stets neu anfangen zu können.

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